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  • AutorenbildKremena Doynov

Vitamin N, das neue Vitamin B


Die Gesundheitsfanatiker unter Ihnen googeln bestimmt schon nach diesem «neuen Vitamin». Vergeblich! Denn es hat zwei Beine, zwei Hände, einen Körper und einen Kopf, und – vor allem – Verstand. Im besten Fall auch noch «ein Herz auf der richtigen Seite» im Sinne von Empathie, Wohlwollen, Mut, Hilfsbereitschaft...

Leuchtet es schon? Ja, genau! Es geht hier nicht um die neusten Erkenntnisse der Ernährungstheorien. Ich spreche über die seit Menschengedenken bekannten «Vitamin B»eziehungen, allerdings nicht um diesen mit negativen Eigenheiten bestückten Begriff, sondern um die Ära "Networking".

Das Netzwerk! Ihr Netzwerk!

Haben Sie eines?

Also, wenn Sie diese Frage klar und überzeugt mit einem «JA» beantworten können, sind Sie gesegnet. Wenn nicht, lesen Sie weiter. (Ach klar, auch wenn Sie eines haben, sind Sie herzlichst eingeladen weiter zu lesen).

Vor kurzem, in einem Training, habe ich das Thema mit einer Kundin aufgenommen. Da sich die Stellensuche der betroffenen Dame nicht einfach gestaltet hat, habe ich vorgeschlagen ihr Netzwerk nach geeigneten Personen zu durchleuchten. Wer kann ihr als «Stellenquelle» behilflich sein? Wer wäre in der Lage sie mit Job-Insider-Informationen zu unterstützen? Meine Aufgabe an sie war, sie sollte sich Gedanken machen und mind. 5 Personen definieren, die sie gezielt mit dem Thema «Jobsuche» angehen wird. Ihre Antwort kam wie aus einer Kanone geschossen: «So viele habe ich nicht!» «Unmöglich!», antwortete ich. «Doch!», beharrte sie.

So oder ähnlich geht es viele Menschen. Auch wenn sich viele davon eigentlich selber als offene, kontaktfreudige Personen bezeichnen würden, die keine grossen Schwierigkeiten haben spontan ins Gespräch zu kommen. Ganz zu schweigen wie unmöglich sowas Menschen erscheint, die lieber still und unbemerkt in einer Ecke darauf warten, angesprochen zu werden, und auch dann kaum aus sich heraus kommen. Und das Verrückteste ist, dass die Situation – nach Unterstützung bei der Jobsuche zu fragen – auch bei manchem Menschen mit einem breiten Netzwerk sich «unbequem» anfühlt. Bei professionellen Netzwerken verspüren Frauen immer noch mehr Hemmungen als Männer.

Hand aufs Herz, es ist nun mal so, dass wenn es darauf ankommt über die eigenen Bedürfnisse, Schwierigkeiten und Nöte unverstellt zu sprechen, die meisten Menschen an ihre Grenzen stossen. Erst recht, wenn sie das ausserhalb des eigenen, engsten Personenkreis tun sollen. In unserer Gesellschaft gilt es immer noch als «merkwürdig», Schwierigkeiten zu haben und noch «schlimmer» diese offen mitzuteilen. Fast jeder kennt die Situation, wenn man gefragt wird «Wie geht es Dir?» und die Antwort «Tja, gerade nicht so gut…» lautet. Viel zu oft erntet man nur einen «verdutzten Blick», gefolgt von der fieberhaften Suche nach einem Themenwechsel. Da gibt man mit der Zeit schon auf… In der auch sonst so zurückhaltenden Schweiz hört man am liebsten «bin zufrieden». Dann ist «die Welt in Ordnung», auch wenn die Welt der «zufriedenen» Person Kopfüber steht.

Bringen wir es auf den Punkt. Wenn Sie auf Stellensuche sind brauchen Sie Unterstützung! Sie brauchen Personen, die anstelle des allgemeinen, negativen Wertens und Mitjammern über die Situation auf dem Arbeitsmarkt, eher bereit sind zu überlegen, womit sie Ihnen behilflich sein könnten. Und mit «behilflich sein» ist überhaupt nicht gemeint – jemand anders sucht Ihre Stelle für Sie aus. Oder bemüht sich für Sie. Es ist damit auch nicht gemeint, dass jemand die Verantwortung über Ihre Leistung übernimmt, auch wenn genau dieser Punkt viele, potenzielle Helfer abschreckt.


Mit «unterstützen» ist gemeint:

  • Man informiert Sie über zu besetzende Stellen und/oder die richtige Ansprechperson in einer Firma

  • Eventuell gibt man Ihnen ein paar gute und dienliche Tipps auf dem Bewerbungsweg (Who is who, worauf wird Wert gelegt, womit können Sie punkten…)

  • Im besten Fall, jedoch nicht zwingend, öffnet man Ihnen (leicht!) die Türe, indem er oder sie über Ihre bevorstehende Bewerbung entsprechend vorinformiert

Punkt.

Der Rest ist und bleibt Ihre Verantwortung und Ihre Arbeit.

Heute ist es kein Geheimnis mehr, dass die meisten zu besetzenden Stellen nie offiziell ausgeschrieben werden. Sie werden im sog. verdeckten Stellenmarkt «vergeben». Das ist keine «geheime Bruderschaft», die den Arbeitsmarkt beherrscht, sondern ein Vorgehen, dass seine Logik hat und dieser folgt. Dieser verdeckte Stellenmarkt macht über 50% bis teilweise 80% aller zu besetzenden Stellen aus. Also 5 bis 8 von 10 Stellen, die irgendwo «warten» besetzt zu werden, während Sie auf dem klassischen Weg «wie verrückt» nach einem Job suchen. Stellen Sie sich das nur einmal vor!

Doch wie kommt man an diese «versteckten» Stellen heran? Dafür gibt es verschiedene Wege und Strategien. Eine davon, wahrscheinlich die wirkungsvollste ist – via sein Netzwerk.

Und ein solches hat jeder. Zugegeben, oft leidet das eigene Netzwerk stark über die Jahre, in einem Alltag vollgestopft mit Engagements und Verpflichtungen. Doch es existiert trotzdem. Denn in dieser Situation – die Stellensuche – geht es nicht darum, nach x Jahren Kontaktpause, sich aus dem nichts zu melden um über «Gott und die Welt» zu fachsimpeln. Klar, auch sowas wäre zu empfehlen, wenn Ihnen die Wiederaufnahme einer in Vergessenheit geratener Freundschaft am Herzen liegt. Im konkreten Fall jedoch – Netzwerken zwecks Jobsuche – sprechen wir über ein gezieltes Angehen Ihrer Kontakte mit diesem Thema. Und das ist etwas ganz Anderes. Da wird von der anderen Seite öfters als Sie meinen akzeptiert, dass Sie sich nach einer Kontaktpause wieder melden.


Die Formel lautet «kontaktieren – informieren – aktivieren».

Ihre Stellensuche im eigenen Netzwerk zu lancieren unterliegt ein paar «unbequemen» Regeln.

  1. Sie müssen bereit sein offen über Ihre Stellenlosigkeit zu sprechen

  2. Sie müssen unverkennbar gestehen können, dass Sie Unterstützung nötig haben

  3. Sie müssen über Ihren Schatten springen können

  4. Sie müssen aktiv am Ball bleiben

  5. Sie müssen akzeptieren können, dass es Zeit und Geduld braucht

  6. Sie müssen fähig sein, klar, kurz und deutlich zu kommunizieren was genau Sie suchen

Und vielleicht die wichtigste Regel – Sie dürfen niemanden, aber wirklich niemanden «a priori» vom Kreis der möglichen Unterstützer ausschliessen. Schliessen Sie jemanden als «untauglich» von vorne herein aus, schliessen Sie unter Umständen genau «Ihre Chance» aus.

Zu dieser Regel kommt mir sofort die Geschichte eines schier aussichtslosen Falles in den Sinn. Ein ins Alter gekommener Stellensuchender, zwar mit einer Menge Erfahrung, jedoch über die Jahre praktisch ohne Weiterbildungen, was er mit der «sicheren», langjährigen letzten Stelle erklärte. Absagen über Absagen. Er war schon nahe an der Grenze (sich) aufzugeben. Bis er, beim Abfall entsorgen, auf einen Nachbar traf. Ein selten anzutreffender und schon gar nicht nahestehender Nachbar, wie er sagte. Sie kamen ins Gespräch, die stellenlose Person öffnete sich, erzählte über seine Bemühungen und Misserfolge bei der Jobsuche. Und siehe da – heute hat er eine neue Stelle, dank seinem Netzwerk, in Form «eines flüchtigen Nachbars». Wer hätte das gedacht? Also die betroffene Person ganz sicher nicht, bevor auch ihm die obenerwähnten Regeln nicht klar waren und er nicht angefangen hat, diese konsequent anzuwenden.

Zum Schluss und ehe Ihr «innerer Schweinehund» grösser als Sie selber wird und jeden Impuls sich mit dem Thema «eigenes Netzwerk» auseinander zu setzen erdrückt, noch ein paar Gedanken zu den Regeln.

Nein, Sie müssen nicht betteln! Sie müssen auch nicht «kriechen». Ja, es bedarf schon ein wenig Fingerspitzen-Gefühl «alte» Bekanntschaften zu reaktivieren. Genauso übrigens auch bei vor kurzem entstandenen Kontakten. Ja, Sie dürfen nicht aufdringlich wirken, aber auch nicht «gleichgültig» rüberkommen. Es kommt auf die «richtige Dosierung» an. Nein, nein, «Verzweiflung» ist nicht gerade die beste Ausstrahlung, die Sie versprühen sollten. Es gibt aber auch andere: Spürbarer Wille eine neue Stelle zu finden, zum Beispiel. Sie werden auch Enttäuschungen erleben, keine Frage. Es gibt jedoch Wege diese schneller «hinzunehmen». Ja, Ihre Geduld wird auf die Probe gestellt. Nein, so einfach ist das Ganze nicht… wer hat das behauptet? Oh Ja, Regel 6 braucht Übung! Doch das mit dem Netzwerk funktioniert, vorausgesetzt Sie gehen einer Strategie nach.

Übrigens, mit der Kundin aus dem Einführungsteil, haben wir das Thema «Netzwerk» gründlich analysiert. Ich zeigte ihr auf, was genau damit gemeint ist, und wo sie überall «Unterstützer zum Thema» suchen und finden kann. Ein paar Tage später meinte sie viel mehr als «nur 5» lokalisiert zu haben. Jetzt muss sie nur noch starten «das Vitamin N», ohne Angst vor Risiken und Nebenwirkungen aufzunehmen. Dann klappt es... vielleicht sogar mit dem Nachbar!


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