Laura Eigenmann ist Leiterin HR bei der Firma pom+Consulting AG in Zürich. Eine innovative Unternehmensberatung in der Immobilienbranche, die nicht nur auf ihrer Homepage ihren Mitarbeitern «Freiraum, Integrität, Respekt, Engagement und Neugier» verspricht, sie hält diese Werte offensichtlich auch ein. Das beweisen auch die Werte bei kununu.com. Respekt für die 4.54 von 5 Punkten!
Laura habe ich bei einem Event zum Thema e-Recruiting kennengelernt. Heute noch erinnere ich mich an das Herzblut, mit dem sie sich an den Diskussionen beteiligte. Man merkte sofort – sie brennt für ein nachhaltiges und professionelles Vorgehen im HR Bereich und sie meint was sie sagt.
Somit glaube ich ihr jedes Wort! Sie sollten das auch.
Was magst Du besonders an Deinem Beruf? Was allenfalls weniger?
Laura Eigenmann: Am meisten gefällt es mir, Personalprozesse in Unternehmen so zu verändern, dass sie die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ins Zentrum stellen. Veränderungen voranzutreiben ist oft auch mit Konfliktlösung verbunden, und gerade, wenn es «menschelt» – und Menschen überfordert reagieren – blühe ich auf. Im Coaching von Führungskräften beispielsweise lerne ich mindestens genau so viel wie die Führungskraft selbst. So gesehen können auch die unschöneren Aufgaben wie Entlassungen personenzentriert angegangen werden und eine Bereicherung für meine persönliche Entwicklung als HR Verantwortliche darstellen. Weniger gefallen hat es mir, in einem System festzustecken, in dem ich nichts bewegen konnte – und eine Rolle gemäss Vorgaben auszuführen hatte. Wenn HR sich selber beschäftigt, dann finde ich das nicht sehr sinnstiftend.
Wie viele Bewerbungen hast Du durchschnittlich auf dem Tisch bei einer neuen Stellenausschreibung?
Laura Eigenmann: Die Anzahl Bewerbungen hängt vom Stellenprofil ab. Auf kaufmännische Profile erreichen uns auch mal bis zu 50 Bewerbungen, während sehr spezifische Beraterprofile mit Erfahrung in einer spezifischen Region oder Fachexpertise im Immobilienmanagement häufig schwierig zu finden sind. Da läuft in der Branche der Grossteil über Vitamin B und Networking.
Wie gehst Du im Auswahlverfahren vor?
Laura Eigenmann: Jeder Stellenausschreibung liegt ein Sollprofil zu Grunde, das im Vorfeld mit der Bereichs- oder BU-Leitung erarbeitet wurde. Das Sollprofil umfasst dabei nebst harten Faktoren wie Ausbildung, Erfahrung, Fähigkeiten, Fachkompetenzen auch weiche Faktoren wie Sozialkompetenzen, Verhalten, Werte und Kultur. Die harten Faktoren eines Bewerbers sind schnell überprüft, viel wichtiger sind uns danach die weichen Faktoren: durch kleine Tests in unserem Bewerbungsmanagementtool erhalten wir von allen Bewerbern eine Selbsteinschätzung dazu. Die Vorselektion der Dossiers läuft über mich, die finale Selektion überlasse ich der Leitung. Teil des Prozesses sind ein weiteres Assessment zur Prüfung der weichen Faktoren von aussen (Fremdeinschätzung), eine konkrete Aufgabenstellung zur Prüfung der Erfahrung sowie das Kennenlernen weiterer möglicher zukünftiger Kollegen. Es gibt Positionen, die besetzen wir nur, wenn wir wirklich den passenden Kandidaten gefunden haben – selbst, wenn die Position dadurch 1 Jahr offen bleibt. Bei anderen Position stehen wir unter Druck und müssen beispielsweise für ein spezifisches Projekt innert drei Monaten einen geeigneten Kandidaten finden. Der Prozess bleibt derselbe, aber die Zeit dafür verringert sich erheblich. Da ich alleine für das gesamte HR zuständig bin, erhalten Bewerber, die mit uns den Prozess begonnen haben immer innert weniger Wochen ein finales Feedback von mir persönlich.
Gibt es eindeutige NoGo’s bei einer Bewerbung für Dich?
Laura Eigenmann: Die falsche Ansprache im Bewerbungsschreiben, eine Person, die offensichtlich nicht zu unserer Kultur passt (zum Beispiel stark hierarchisch denkt oder sehr formell ist), wenn Termine nicht eingehalten werden oder die Selbsteinschätzung keine Differenzierung enthält (wenn ein Bewerber immer nur positiv von sich erzählt und dadurch nicht authentisch wirkt)
Wo liegen Deine Haupt-Entscheidungskriterien?
Laura Eigenmann: Die kulturelle Passung steht für mich im Vordergrund, trotzdem ist es natürlich so, dass wir gerade auf Stufe Senior oder Experte auf die Fachexpertise und Erfahrung achten müssen. Sozialkompetenzen gewinnen jedoch stufenübergreifend an Bedeutung.
Wie wichtig ist für Dich die Präsentation eines Bewerbers?
Laura Eigenmann: You’ll never get a second chance to make a first impression. Daher würde ich sagen, dass für den Ersteindruck die Gestaltung des Dossiers ausschlaggebend ist – sowohl schriftlich wie visuell, wobei dem Inhalt eine höhere Gewichtung zukommt als dem Design. Der mündliche sowie persönliche Auftritt ist jedoch für die Folgephasen ausschlaggebend und kann den Ersteindruck noch einmal massgeblich verändern.
Wie stehst Du zum Thema «aktive Bewerbungen»? Hast Du schon jemals jemanden auf diesem Weg angestellt?
Laura Eigenmann: Ja, wir sind sehr offen für aktive Bewerbungen und erhalten gerade über das Netzwerk der Mitarbeitenden sowie aus der Branche oftmals gute Kandidaten zugespielt, die wir unter Umständen auch anstellen, obwohl wir im Vorfeld keine entsprechende Vakanz ausgeschrieben hatten.
Viele Bewerber fühlen sich in einem Bewerbungsprozess ungerecht behandelt, vor allem bei einer Absage. Kannst Du etwas für die bessere Verständigung zwischen beiden Lagern (HR/Stellensuchende) sagen bzw. beitragen?
Laura Eigenmann: Eine Absage nach einem persönlichen Gespräch sollte zwingend telefonisch erfolgen und ehrlich begründet sein. C’est le ton qui fait la musique – insofern sollte man die Gründe für eine Absage offenlegen und gleichzeitig wertschätzend formulieren. Stellensuchende auf der anderen Seite dürfen durchaus kritisch hinterfragen, ob sie selbst der Ansicht sind, in dem gewählten Unternehmen erfolgreich werden zu können. Meine Erfahrung ist, dass auch Bewerber merken, wenn die Stelle nicht zu 100% ihren Erwartungen entspricht. Insofern ist durch eine Absage oft beiden Seiten gedient.